Veröffentlicht am 14.03.2020
Das beeindruckende Schloss Bensberg in Bergisch Gladbach nahe Köln ist alleine bereits eine kleine Reise wert.
Das, im frühen 18. Jahrhundert erbaute, Jagdschloss wurde (nach einigen Umnutzungen) im Jahre 1997 zu einem Grandhotel mit 5 Sternen umgebaut. Heute gehört das im Barockstil erbaute Schloss zu den Leading Hotels of the World und wird von der Althoff Gruppe betrieben. Seit 2005 ist das zur Schlossanlage gehörende Restaurant Vendôme unter der Küchenleitung von Joachim Wissler mit 3 Michelin-Sternen ausgezeichnet.
Joachim Wissler steht am geöffneten Hintereingang seines Restaurants Vendôme*** und genießt sichtlich entspannt den idyllischen Blick ins hügelige Bergisch Gladbacher Umland, über die Schlossmauer von Schloss Bensberg hinweg. Im Hintergrund wird das Servicepersonal von Restaurantleiter Christoph Lange im Gastraum noch kurz gebrieft. Die Szenerie wirkt bemerkenswert unaufgeregt und völlig entspannt - noch 5 Minuten bis Service-Beginn.
Am vorderen Eingang warten schon einige Gäste, welche bereits ungeduldig auf ihre Armbanduhr schauen. Um exakt 11:59 Uhr öffnet sich die weiße, hölzerne Tür und die professionell lächelnden Servicemitarbeiter nehmen die Gäste und deren Mäntel mit etwas kurzweiligen Small-Talk in Empfang. Vorbei am langen Küchenfenster, wo man bereits die Köche konzentriert bei der Arbeit sieht, am Eingang zum Gastraum, steht bereits Joachim Wissler und begrüßt die Gäste. Interessanterweise ist der Ablauf und Choreographie des Personals zu keiner Zeit peinlich oder lästig, wie man es an vergleichbaren Adressen schon erlebt hat. Es vergehen gefühlt nur wenige Sekunden und man befindet sich im Gastraum am vorgesehenen Platz.
Der Gastraum ist elegant schlicht eingerichtet und wird von Braun- und Beigetönen dominiert. Dass wir grundsätzlich wenig Wert auf Förmlichkeit legen, wird vom Personal sofort erkannt und der Umgang wechselt direkt auf eine wesentlich lockerere und humorvolle Ebene. Das ist alles schon jetzt irgendwie beeindruckend.
Bei einem Glas Champagner wählen wir das Menü für heute aus. Samstags und sonntags bietet das Restaurant ein Gourmetlunch-Angebot (4 Gänge, Wasser, Kaffee und 1 Glas Champagner für unschlagbare € 165,--). Wir ergänzen dieses Angebot noch um zwei weitere Gänge aus der Abendkarte und wählen die dazu angebotene, fair bepreiste Weinbegleitung (ca. € 90,-- für 6 Gläser).
ToffiVee
Die Apéros werden gemeinsam mit dem Amuse Bouche serviert.
Beim Signature Snack des Hauses, dem ToffiVee, welches der bekannten Süßigkeit aus dem Hause Storck optisch und konzeptionell nachempfunden wurde, fällt sofort die geschmackliche Nähe zum Original auf. Die präzise aus Gänseleberkaramell, Piemonteser Haselnuss und Riesling-Auslese-Gelee gefertigte Imitation schmeckt schlichtweg sensationell und kommt (natürlich) mit wesentlich weniger Zucker aus. Eine schöne, dekadente Alternative für den nächsten Fernsehabend, sofern man sie im Supermarkt bekäme.
Zuckererbsen-Wasabi Macaron - Langoustinen-Tartar - Kaviar
Das Zuckererbsen-Wasabi Macaron mit Langoustinen-Tartar und Kaviar-Topping ist ebenfalls sehr fein gearbeitet und formt sich am Gaumen zu einem präzisen süß-säuerlichen Geschmacksbild mit etwas Wasbi in der Nase. Etwas salzige Jodigkeit wird noch vom Kaviar beigesteuert. So kann es gerne weitergehen.
Praline vom gebackenen Kalbskopf - dehydriertes Kalbsbries (hinten, mittig)
Eine hervorragend gearbeitete Praline mit feiner Panierung von gebackenem Kalbskopf schmeckt wunderschön herzhaft und schlichtweg sensationell. Wohingegen der Geschmack der daneben gereichten Chips vom dehydriertem Kalbsbries eher als "interessant" zu beschreiben ist, und sich dadurch der kulinarische Genuss eher in Grenzen hält.
Escabeche von der Makrele - Gurken-Apfel-Sorbet
Das Amuse Bouche ist dann eine Escabeche von der Makrele mit einem Gurken-Apfel-Sorbet. Hier schafft es die Küche hervorragend den fetten Fisch, welcher bereits durch den Escabeche-Sud etwas Säure abbekommen hat mit frischen Gegenakzenten geschickt in Szene zu setzen. Süße, Säure, kühle Frische und der fettige Fisch sind meisterhaft aufeinander abgestimmt. Der Gurken-Lolly zum Dippen und Knabbern gefällt uns ebenfalls sehr gut. Großes Kino.
Thunfisch-Sashimi - Chili-Mayonnaise - Salzpflaumen-Vinaigrette
Satellit: Blue Fin Tuna-Tartar - Dashi Perlen - gepickelte Radieschen
Das Menü beginnt mit Blue Fin Tune Sashimi, Chili-Mayonnaise und einer Salzpflaumen-Vinaigrette, welche am Tisch angegossen wird.
Die fein aufgeschnittenen Filet-Tranchen sind von hervorragender Qualität und werden durch die weiteren Komponenten in eine sehr feine Geschmackswelt überführt. Die leichte Vinaigrette mit feiner
Säure setzt einen exzellenten Gegenakzent zur üppigen Mayonnaise und sorgt für sehr viel Freude auf dem Teller.
Auf einem dazu servierten Satellit, befindet sich ein exzellent abgeschmecktes Blue Fin Tuna-Tartar mit feinen gelierten Dashi Perlen, gepickelten Radieschen in einem schön salzigen Dashi-Sud mit Ponzu. Ein überaus süffiges Vergnügen mit schönen fernöstlichen Geschmacksbildern. Wunderbar!
Langoustine - Bouillabaisse-Nage - Curry - Fenchel - Pimento - Bomba Arroz
Der Brückenschlage zwischen Europa und Asien glückt auch beim nächsten Gang ausgezeichnet, nur ist er hier wesentlich subtiler. Eine saftig fleischige Langoustine wird mit einer Bouillabaisse-Nage, knackigem Fenchel, Pimento, Muschelfleisch, feinen Currynoten und der spanischen, rundkörnigen Reissorte Bomba Arroz, welche häufig für Paella verwendet wird, begleitet.
Wissler setzt hier vorwiegend auf die mediterranen Noten und unterfüttert diese geschickt mit feinen Anklängen von Curry und Anis (Fenchel). Im ersten Moment nimmt der Gaumen Nelke und Safran, danach ein Hauch von Chorizo und Fenchel und schlussendlich eine feinsinnig Currynote wahr. Dabei wird das exzellente Krustentier weder camoufliert, noch sonst irgendwie seiner Rolle beraubt. Ein meisterhaft inszeniertes Gericht voller aromatischen Feinsinn. Sensationell!
Felsenoktopus - Steinpilz - Leinsaat-Vinaigrette - Topinambur - Petersilien-Ailoli
Auch der nächste Gang überzeugt uns, diesmal durch eine elegante Konjunktion von Wald und Meer. Während der zarte Felsenoktopus mit seinem nussigen Eigengeschmack die Hauptrolle im Geschehen einnimmt, weckt der feinerdige Steinpilz (als feine Scheiben und Pulver) die Assoziation an einen Waldspaziergang. Eine à part gereichte, intensive Petersilien-Aioli befeuert das braun-goldene Gericht mit grüne Noten und einer intensiven Üppigkeit. Krosse Sesam-Cracker und die elegant-säuerliche, nussige Leinsaat und süßlicher Topinambur sind wunderbare Ergänzungen. Erde und Wasser, Wald und Meer - alles wunderbar und schön gehaltvoll miteinander versammelt. Grandios!
Skrei - Vin Jaune - Belgischer Chicorée - Schwarzwurzel - Pomelo
Dagegen wirkt der Skrei in üppiger Vin Jaune-Sauce und Schwarzwurzel-Püree beinahe langweilig und in seiner Opulenz deplatziert. Aber natürlich nur beinahe. Denn die, sich anbahnende Tristesse, wird gekonnt mit Bitternoten von belgischem Chicorée und Segmenten säuerlich erfrischender Pomelo vereitelt. Etwas pochiertes Austernfleisch umweht dem Gericht mit einer leichten Meeresbrise und komplexiert das Geschmacksbild auf elegante Weise. So lösen sich die anfänglichen Zweifel sehr schnell in kulinarischer Freude auf. Wunderbar!
Wildhasenrücken & Hasenpfeffer -Kombucha Rübchen - Rahmwirsing - Sauce Rouenaise
Standesgemäß für ein Jagdschloss, wird als Hauptgang Wildhase serviert. Auf dem Teller findet er sich in zwei Zubereitungsarten wieder: Einmal der beachtlich zarte, rosa gebratene Rücken und als intensives Ragout (oder auch "Hasenpfeffer"). Eine klassisch mit Hasenblut gebundene Sauce Rouenaise und ein zum Niederknien gutes Rahmwirsing-Gemüse, welche à part gereicht wird, lassen das Herz des kulinarischen Nostalgikers bis zum Hals schlagen. Der unbändig klassische Ansatz erfährt jedoch einen mondänen Twist durch, in Kombucha marinierte, Rüben und Sanddorn, welche dem Gericht eine feine parfürmierte Säure beisteuern und ihm dadurch seine Schwere nehmen. Eine feine Sanddorn-Creme auf einem Blini über dem Hasenpfeffer ermöglicht hierbei eine exakte Dosierung. Das geht kaum besser, nur anders - meisterhaft!
Cheese Cake "half baked" - Himbeere - Sauerrahm
Das Dessert folgt im modernen Gewandt und besteht aus einem "half-baked" Cheesecake mit Himbeere und einem frischen Sauerrahmeis. Am Tisch wird es mit einem floralen Sud, in welchem Fentimans Rosenlimonade eingearbeitet wurde vollendet. Unaufgeregt und tierisch lecker, mehr lässt sich prinzipiell hierzu nicht sagen. Die à part servierte Cheesecake-Crème Brûlée ist hingegen eine Klasse für sich. So findet das Menü seinen sehr würdigen Abschluss.
Petits Fours
Die Petits Fours (in einer Celebrations-Box serviert) sind allesamt wunderbar und imitieren meist bekannte, industrielle Süßwaren. So gibt es eigene Vendôme-Kreationen von Milchschnitte, Magnum-Eis, Raffaelo oder auch vom Rees-Törtchen (hier natürlich Vees betitelt). Ein kleiner Running-Gag, welcher schon beim ToffiVee seinen Anfang nahm. Nichts dagegen einzuwenden.
Nach diesem hervorragenden Mittagessen entlässt uns Restaurantleiter Christoph Lange mit warmen Worten in die malerische Kulisse von Schloss Bensberg zurück. Nicht nur die Küche auch der Service lieferten heute glänzend ab. Marie Rehermann und Christoph Lange führten uns mit ihrer humorvollen und herzlichen Art maximal angenehm durch den Mittag. Bis bald, so viel ist sicher.
Getränkebegleitung:
Aperitif: | Champagne Ruinart Rosé, Brut |
1. Gang: Tuna | Weingut Stefan Vetter, Müller Thurgau, Franken, 2017 |
2. Gang: Langoustine | José Pariente Veredjo, Barrel fermented, Rueda DO, 2017 |
3. Gang: Felsenoktpous | Duncan Savage, Cuvée, Südafrika, 2015 |
4. Gang: Skrei | nicht notiert |
5. Gang: Wildhase | Le Pianelle, Bramaterra DOC, Piemont, 2011 |
6. Gang: Dessert | Bernabeleva Cantocuerdas, Moscatel de Bernablevas, Madrid, 2016 |
Digestif: | Graham's, over 20 years, Tawny Port |
FAZIT:
Inmitten prächtiger Kulisse zaubern Joachim Wissler und sein Team kulinarische Glanzmomente auf höchstem Niveau voller Avantgarde und mit viel Fantasie. Eleganter und köstlicher kann man in Deutschland kaum essen gehen, nur höchstens anders.
weitere informationen:
Adresse: | Restaurant Vendôme |
Althoff Grandhotel Schloss Bensberg | |
Kadettenstraße | |
51429 Bergisch Gladbach | |
Homepage: | https://www.althoffcollection.com/de/althoff-grandhotel-schloss-bensberg/ |
Öffnungszeiten: | Mi.-So.: 19:00 - 21:00 h / Sa. & So. zusätzlich 12:00 - 13:00 h |
Chef de Cuisine: | Joachim Wissler |
Besuchskonditionen: | Unser Besuch wurde vom Restaurant unterstützt |
Kosten: | 8-Gang-Menü: € 255,-- |
Gourmetlunch 4-Gänge ab € 165,-- (Sa. & So.) | |
Datum des Besuchs: | 16.11.2019 |
Auszeichnungen: | 3 Sterne (Guide Michelin 2020) |
19,5 Punkte (Gault Millau 2020) | |
5 Hauben (Der Große Guide 2020) | |
Copyright by les etoiles |