Veröffentlicht am 07.04.2021
Deidesheim - wunderschön pittoreske Perle in der Pfalz, Adresse renommierter Weingüter und Heimat eines unter Foodies gefeierten Restaurants der Republik, dem L.A. Jordan mit Küchenchef Daniel Schimkowitsch im Luxushotel Ketschauer Hof. Der Ruf nach 2 Michelin-Sternen ist mittlerweile nicht mehr zu überhören, wurde jedoch auch 2021 überhört. Wir haben das Restaurant vor einigen Monaten besucht. Hier lest ihr unsere Erfahrungen.
Der Name L.A. Jordan könnte genauso gut aus der kosmopolitischen Großstadtbibel gekommen sein - zumindest als unkundiger Gast.
Dass es sich bei L.A. aber um die Initialen des Gründers des ortsansässigen Weinguts Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Ludwig Andreas Jordan, handelt, könnte man als raffinierten Zug sehen. Denn die Küche im L.A. Jordan ist genauso weltbürgerlich wie der Name anfangs vermuten lässt, der Schauplatz, das Hotel Ketschauer Hof, jedoch zeigt die Tradition, dessen wahrer Bedeutung. So zeigt sich der Charme des ehemaligen Weinguts offenkundig an jeder Ecke. Auch die gepflegte Hotelanlage mit Marktplatz-Flair und sprudelndem Brunnen ist äußerst einladend.
Die schwere, schwarze Eingangstür wird von den goldenen Versalien des Restaurantnamens geziert und verleiht dem Restaurantgebäude, ebenso wie die bodentiefen Glaselemente mit anthraziten Metallrahmen, einige mondäne Kontraste.
Gasträume
Auch das Innere des Restaurants vermittelt den gekonnten Spagat zwischen Tradition, Moderne und Ungezwungenheit. So kann man seinen Aperitif oder den Absacker auch bei einer Partie Poolbillard genießen.
Ob man an Tischen mit weißer Tischdecke oder auf blankem Eichenholz speist, ist ebenso dem Gast überlassen. Hierzu bietet das Restaurant zwei unterschiedlich gestaltete Gasträume und im Sommer eine schicke Außenterrasse.
Aber wir sind ja primär wegen Daniel Schimkowitschs' Küche heute hierhergekommen. Der 36-Jährige Oberbayer kocht bereits seit sieben Jahren hier und zuvor über fünf Jahre bei Christian Jürgens im dreifach besternten Restaurant Überfahrt am schönen Tegernsee. Mit einer solch langjährigen und prägenden Station im Gepäck ist einem der Weg natürlich vorbestimmt. So ist es mittlerweile für sehr viele bekannte Stimmen aus der Kulinarik und Foodblogger-Szene ein echter Fauxpas des Guide Michelins, das Restaurant noch nicht auf 2 Michelin-Sterne aufgewertet zu haben. Die Restaurantführer Gault Millau und Der Große Guide listen das Restaurant bereits mit 18 Punkten bzw. 5 Hauben. Letzterer zeichnete ihn sogar als Aufsteiger des Jahres 2021 aus.
Das Restaurant bietet ein 8-Gang-Menü (€ 190,--), welches sich aber auch beliebig reduzieren lässt. Das Menü liest sich wie eine Produktschatzkarte und stellt rare Hauptprodukte und deren Herkunft mit Fokus auf Frankreich und Japan schön heraus.
Im Glas blubbert schon etwas Rieslingsekt vom ortsansässigen Weingut Reichsrat von Buhl und auch die angebotenen Wein changieren (logischerweise) zwischen Weltoffenheit und der Region. Wir freuen uns auf tolle, kulinarische Stunden.
Apfel - Ingwer - Koriander
Der erste Snack ist bereits ein echter Hingucker und präsentiert ein extrem fein gearbeitetes Röllchen aus papierdünnen, roh marinierten Apfelscheiben, Ingwer und Koriander. Die präzise dosierte Mischung aus Ingwerschärfe, Apfelsüße und Frische steigt in die Nase und weckt die Papillen mit ordentlicher, aber dennoch eleganter Wucht.
Edamame - Yuzu - Aal - Shisoblüten
Geschmacklich etwas komplexer aber nicht weniger elegant geht es weiter. Das wunderschön gearbeitete Tartelette wurde mit frischen Edamame-Bohnen, einer Yuzu-Mayonnaise, gegrilltem Aal und Shiso-Blüten belegt und erzeugt eine wunderbar harmonisch ausbalancierte Geschmacksbild von rauchiger Üppigkeit (Aal), ätherischer Yuzu und süßlich-nussigen Edamame-Bohnen. Sehr schöner Auftakt.
Kalbstartar -Tom Kha - Jakobsmuschel-Chip
Der finale Küchengruß zeigt dann eindrucksvoll, wohin in die Reise geht. Ein beherzt gewürztes Kalbstartar wird mit einer kühlen, intensiven Tom Kha-Vinaigrette umschmeichelt. Dabei meistert es Schimkowitsch brillant die Intensität aller Komponenten exakt aufeinander abzustimmen. Die leicht schaumige Vinaigrette mit authentischer Thai-Aromenwelt von Zitronengras, Galgant und Kokosmilch und das Kalbstartar treten sich zu keiner Zeit auf die Füße. On top gibt es noch einen knusprigen Chip von der Jakobsmuschel. Eindrucksvoll!
Zeeland Hamachi - Gurke - Myoga - Frischkäse
Der erste Gang nimmt dann etwas den Fuß vom Gaspedal und serviert Hamachi aus niederländischer Aquakultur. Wir haben diese Zutat bereits in anderen Restaurants serviert bekommen und waren von der Qualität sehr angetan - auch hier. Die Küche serviert die Stachelmakrelenart leicht gebeizt, in einem frischen, leichten Gurkensud, welcher mit etwas japanischem Ingwer (Myoga) verfeinert wurde. Etwas Frischkäse, welcher als Podest für die präzisen Hamachi-Tranchen dient, steuert etwas zusätzliche Frische und Fett bei. Wunderbar leise und elegant komponiert.
N25 Almas Caviar "Selection DS" - Kartoffel - geriebenes Rinderfett - Schnittlauch
Die nächste Kreation verspricht herzhaften Löffelspaß. Hier wurden süße, geschmelzte und geröstete Zwiebeln, Kartoffelschaum, geriebenes Rinderfett und eine großzügige Nocke N25 Almas Caviar (eigene Daniel Schimkowitsch Selection) zu einer süffig-handfesten Mélange übereinander geschichtet. Das ist simpelster Wohlgeschmack in perfekter Proportionierung, welches von der kräftigen Süße der Zwiebeln und dem raren, nussig-lieblichen Almas Kaviar mit interessant fester Textur und dem Geschmacksträger Rinderfett exzellent getragen wird. Wundervoll!
Kinmedai - Kapern - Grapefruit - Dassai-Beurre Blanc
Kinmedai (oder auch "Glänzender Schleimkopf") sind wir bisher noch nie in Deutschland begegnet. In Japan gilt er als eine absolute Delikatesse. Umso mehr freut es uns, auch hier diese Rarität serviert zu bekommen. Das bemerkenswert feste Fleisch wird von einem texturell und geschmacklich spannenden Salat aus Grapefruit, Kapern und frittierten Fischschuppen bedeckt. Eine wunderbare, leicht aufgeschäumte Sake (Dassai)-Beurre Blanc fusioniert stimmig elegant Frankreich und Japan. Hier ist das Produkt König und wird wunderbar reduziert und unmittelbar auf den Punkt gebracht. Fabelhaft.
Langoustine von den Färöer - Erbse - Wasabi - Stachelbeere - Kohlrabi
Der optische Ansatz und die Konzeption des nächsten Ganges sind offensichtlich ähnlich gewählt - ebenso das Niveau. Denn wir bekommen es wieder mit einem sensationellem Hauptprodukt zu tun, diesmal Langoustine in beeindruckender Kalibrierung von den Färöer Inseln. Schimkowitsch spielt bei der Aromatik der aufgeschäumten Velouté von Kohlrabi, Kokos und Stachelbeere geschickt mit Kohlnoten und der ungemein frischen Säure der Stachelbeere. Im Tellergrund sorgen süßliche Erbse mit etwas Wasabi für Süße und dezente Schärfe. Die einzige Frage, die man sich hier stellen könnte, wäre, warum man eine derart famose Hauptzutat einem solch intensiven Aromenspektakel aussetzt. In der Tat muss man schon vorsichtig zu Werke gehen, um den feinen Langoustinen-Geschmack nicht mit den anderen Geschmacksnoten zu camouflieren. Letztendlich wäre etwas weniger, hier vielleicht mehr. Trotzdem fasziniert dieses Gericht mit seiner beeindruckenden Hauptzutat und geschickt ausbalancierter Aromenwelt.
Seeteufel aus Noirmoutier - Foie Gras - Sellerie - Shiroita Kombu
Der letzte Fischgang des Menüs beeindruckt bereits optisch mit nuancierten Braun- und Bronzetönen. Diese rühren von der Surf'n Turf Kombination aus gegrilltem Seeteufel (aus Noirmoutier) und einem Stück gebratener Foie Gras her, welche mit einen intensiven Soßenspiegel aus Kombu-Algen umgeben wurde. Zusätzlich geben Holzkohle-Noten, Selleriecreme und etwas Kombualgen-Stroh dem Gericht eine herrliche Tiefe. Auch hier bestimmen herausragende Qualitäten das Geschehen, welche mit reichlich Umami und brillant ausgetüftelten Geschmacksbildern in Szene gesetzt werden. Eine Rossini-Interpretation für die Lehrbücher und bereits an dieser Stelle können wir den Ruf nach einer Aufwertung im roten Restaurantführer absolut nachvollziehen.
Burgaud Ente - Bohne - Maitake - Maldonado Jamon Iberico - Sauce Royaru
Es wird nämlich noch besser. Beim nächsten Gang hat die Küche den kulinarischen Kompass beiseitegelegt und bastelt ein Türmchen aus Maitake-Pilzen, scharfem Bohnenpüree und Burgaud-Entenbrust und nappiert das Ganze mit einer Scheibe angeschmolzenem Jamon Iberico. Das eigentliche Überwältigungspotenzial dieses Gerichts geht allerdings von der sensationellen Sauce aus, welche Daniel Schimkowitsch Sauce Royaru getauft hat, und eine eigene japanische Interpretation der Sauce Royale (Royaru (jap.) = Royal) bezeichnet. Hierzu stellt er als Basis einem französischen und einem japanischen Grundfond her, welcher u.a. mit Mirin und Sojasauce verfeinert wurde und bindet deren Reduktion mit Entenleber. Das Ergebnis ist eine der besten Saucen seit langem: intensiv, komplex und mit feiner Süße. Beim Bohnenpüree greift die Küche bemerkenswert beherzt zur Schärfe, was uns ebenso sehr gut gefällt. Die unterschiedlichen Geschmackswelten passen derart gut zusammen und sind trotz ihrer Intensivität und Komplexität dennoch so zugänglich, wie ein Saltimbocca beim Lieblingsitaliener. Frankreich, Japan und Spanien à la Daniel Schimkowitsch. Weltklasse!
Wan Tan vom Miyzaki Beef A4 - Radieschen - Vietnamesischer Koriander - Getrüffelte Brühe
Natürlich hält Schimkowitsch auch beim Hauptgang die Intensität am Anschlag und serviert zwei intensiv mit Miyzaki Beef (Grad A4) gefüllte Wan Tan in einer konzentrierten, getrüffelten Rinderbrühe. Oben auf wurden fein geschnittener, vietnamesischen Koriander und fein gestiftete Radieschen gesetzt. Natürlich verspricht diese Kombination unkomplizierten, umamireichen Wohlgeschmack und das hält sie auch mühelos ein. Der vietnamesische Koriander bricht dabei durch seinen eigenen Geschmack die drohende Monotonie geschickt auf, indem er mit seinem leicht seifig und pfeffrig-frischem Aroma schöne Gegenkontraste setzt. Auch dieser Teller ist Soulfood auf Top-Niveau.
Kokosnuss - Aprikose - Basilikum
Nach der ordentlich geschmacklichen Dröhnung, starten die Desserts sommerlich leicht mit der Kombination Aprikosensorbet, Basilikumgranité und Kokosschaum. Wunderschön frisch und genau das richtige für einen lauen Sommerabend. Wunderbar.
Matcha - Exotische Früchte - Joghurt - karamellisierte Original Beans Edelweiß
Beim Hauptdessert spielt die Patisserie mit dem Kontrast von feinherbem Matcha, karamellisierter, weißer Schokolade, frischem Joghurt und exotischen Früchten. Auch diese Kombination und deren Umsetzung gefällt uns exzellent, wenngleich hier natürlich Überraschungs- und Aha-Momente eher rar gesät sind. Nichtsdestoweniger ein würdiger Abschluss.
Petits Fours
Auch die Petits Fours sind schön gelungen und führen uns nicht nur optisch zurück nach Asien. Kreationen mit Mango, Yuzu und Misokaramell schließen wunderbar den Kreis und beenden ein Menü, welches sich in weiten Teilen auf Weltklasse-Niveau bewegte und nur sehr selten die Fallhöhe offenbarte. Hierzu ein großes Shoutout an Daniel Schimkowitsch und sein junges Küchenteam.
Auch der Service reihte sich perfekt in die ungezwungene Atmosphäre ein und lieferte enorm souverän ab. Hierzu ein besonderer Dank an Jan Stelter, Severin Junker und das tolle Service-Team. Gerne hätten wir jetzt noch eine Runde Pool gespielt. Der Tisch darf aber pandemiebedingt nicht bespielt werden. Das holen wir definitiv beim nächsten Mal nach. Gute Nacht und bis bald!
Alkoholische Getränkebegleitung
Pfalz, Mosel und die Welt, so oder so ähnlich lässt sich die Weinbegleitung beschreiben. Souverän ausgewählt und leidenschaftlich annonciert von Jan Stelter und Severin Junker.
Aperitif | Reichsrat von Buhl, Riesling, Sekt Reserve Brut, Pfalz |
1. Gang (Hamachi): | Weingut von Winning, Sauvignon Blanc I, Pfalz, 2017 |
2. Gang (Kaviar - Kartoffel): | Weingut Rings, Riesling GG, Weilberg, Pfalz, 2018 |
3. Gang (Kinmedai): | Domaine Sérol, De Butte en Blanc, Viognier, Loire, 2019 |
4. Gang (Langoustine): | Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Riesling, Hohenmorgen, Pfalz, 2014 |
5. Gang (Seeteufel): | Beaumont Wines, Chenin Blanc, Hope Marguerite, South Africa, 2017 |
6. Gang (Burgaud Ente): | Domaine Coursodon, Syrah, Saint Joseph, Silicia, 2017 |
7. Gang (Miyzaki Beef): | Domaine des Enfants, Tabula Rasa Cuvée AOP, Languedoc, 2011 |
8. Gang (Matcha Dessert): | Weingut F. J. Eifel, Trittenheimer Apotheke, Riesling Auslese, Mosel, 2013 |
Team
Daniel Schimkowitsch (links) mit Team
Fazit
Daniel Schimkowitsch und Team beindrucken mit ihrer intensiven und enorm eleganten Produktküche. Spannend, weltoffen und definitiv einen Umweg wert.
weitere informationen:
Adresse: | Restaurant L.A. Jordan |
Ketschauerhofstr. 1 | |
67146 Deidesheim | |
Webpage: | https://www.ketschauer-hof.com/restaurants/la-jordan/la-jordan/ |
Öffnungszeiten: | Dienstag - Samstag: 18:30 - 22:00 Uhr (letztes Seating: 19:30 Uhr) |
Chef de Cuisine: | Daniel Schimkowitsch |
Datum unseres Besuchs: | 28.08.2020 |
Besuchskonditionen: | Unser Besuch wurde vom Restaurant unterstützt |
Kosten: | 6-8 Gänge, € 160 - € 190,-- |
Auszeichnungen: | 1 Stern (Guide Michelin 2021) |
18 Punkte (Gault Millau 2021) | |
5 Hauben (Der Große Guide 2021) | |
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